LACKAFFE ODER MAUERBLÜMCHEN? Worauf es bei der Selbstdarstellung im Internet ankommt
Zeitalter der Selbstdarsteller
Wir leben in einer Zeit, in der Selbstdarstellung belohnt wird. Du rollst vielleicht mit den Augen, wenn sich gewisse Leute wie die gelackten Affen auf die Brust trommeln und laut herausposaunen, dass sie die Besten und Größten sind. Aber eins haben sie damit geschafft: Sie haben deine Aufmerksamkeit. Und das ist die Strategie, die nach oben führt.
Was bringen ein ansehnlicher Lebenslauf, Top-Zeugnisse und deine Bandbreite an Soft Skills, wenn sie niemandem auffallen? Wenn all deine Begabungen und Talente unbemerkt bleiben? Eben. Die Zeiten diskreter Zurückhaltung sind vorbei. Hier und heute regiert das Gesetz der Aufmerksamkeit. Selbstdarstellung im Internet ist eine Voraussetzung dafür.
Online-Profiling: Werde zur Marke!
Wer es verabsäumt, sich Accounts bei XING, LinkedIn oder beispielsweise Facebook anzulegen, hat immer schlechtere Karten. Ohne persönliches Profil im Internet keine Sichtbarkeit; ohne die wirst du bei der nächsten Fusion, Krise oder beim Jobwechsel leichter übersehen. Oder etwa dann, wenn du eine Beziehung beendest und einen neuen Partner suchst. Dich selbst zu vermarkten, dich quasi „zur Marke“ und auf dich aufmerksam zu machen, ist überlebenswichtig geworden.
Früher war es so: Du hast eine Bewerbung abgeschickt und dich auf die Qualität der vorgelegten Unterlagen verlassen. Das Internet hat alles verändert. Welcher Personaler gibt sich noch mit Zeugnissen zufrieden? Stattdessen googelt er deinen Namen, stöbert nach dir in sozialen Netzwerken; er betreibt „Online-Profiling“. Denn er will wissen, wie der Typ tickt, dessen Foto er vor sich hat – lange bevor du ihm gegenübersitzt.
Schein oder Sein?
Vieles was Google ausspuckt, ist allerdings mit Vorsicht zu genießen. Was mit öffentlicher Polit-Propaganda funktioniert, geht auch im Privaten. Soziale Plattformen können leicht dafür missbraucht werden, einen Anschein von etwas zu erzeugen. Viele Leute „erscheinen“ überhaupt erst im und dank dem Internet – und zwar unter Umständen ganz anders, als sie tatsächlich sind.
So mancher Hobby-Profiler ist schon ins Fettnäpfchen getappt. Die Gefahr ist groß, dass man Menschen komplett falsch einschätzt, wenn man nur interpretiert. Es ist wichtig, Informationen aus dem Internet nicht zu be-, sondern zu verwerten. Welche Informationen du zu dem Zweck über deine Person hochlädst, entscheidest du selbst; nicht, was andere daraus machen. Überlege also gut, was du preisgibst.
Licht- und Schattenseiten der Selbstdarstellung im Internet
Einerseits sollte dir bewusst sein, dass das Internet nichts mehr „vergisst“. Einmal im Netz – immer im Netz! Andererseits kannst du sehr viel Zeit vergeuden, genau darüber nachzudenken: Wenn es dir mehr darum geht, wie du scheinen möchtest, anstatt wie und wer du bist, bist du am falschen Weg. Du verlierst dich. Das ist die negative Seite.
Positiv gesehen kann dein Online-Auftritt aber auch so etwas wie Selbstfindung sein oder dazu beitragen. Das Internet bietet eine recht spezielle Möglichkeit, sich „in den Spiegel“ zu schauen. Nirgends bekommst du einen besseren chronologischen Überblick über dein Leben. Es regt zum Nachdenken an – setzt allerdings ein ständiges, kritisches Reflektieren über dich selbst voraus.
Ein persönliches Beispiel von Astrid kannst du hier nachlesen.
Spieglein, Spieglein …
Ich habe mich schon öfter selbst gegoogelt – wer denn nicht? Ehrlich gestanden, bin ich auch ständig auf der Suche. Immer wieder frage ich mich, ob die Person Marcus Kutrzeba im Internet so wirkt, wie ich als Mensch bin. Ob ich eine Maske tragen oder mich völlig ungeschminkt der öffentlichen Aufmerksamkeit aussetzen will.
Bis zu einem gewissen Grad geht eine „Maskierung“ schon in Ordnung. Es ist nicht verwerflich sondern sogar angebracht, sich im besten Licht dar- und es nicht unter den Scheffel zu stellen. Von sich selbst überzeugt zu sein, ist Trump(f)! Und es motiviert dazu, sich bei anderen gut zu verkaufen. Wie geht das?
Die Kunst der Selbstdarstellung – darauf kommt es an:
Das Zauberwort bei der Selbstdarstellung ist jenes, das aufs erste Mal nie so richtig von der Zunge will: A-u-t-h-e-n-t-i-z-i-t-ä-t. Authentizität heißt, für dich selbst und andere glaubwürdig zu sein. Nur wenn dein Selbstbild und dein Fremdbild – jenes, das sich andere von dir machen – übereinstimmen, wirkst du authentisch.
Es bringt dich nicht weiter, im Internet als selbstbewusste Führungsperson aufzutreten, wenn du das im echten Leben weder bist noch sein willst. Authentizität wird daran gemessen, ob du sagst, was du tust, und ob du tust, was du sagst. Ist die Situation stimmig, das heißt, stimmt der präsentierte Inhalt mit dem beobachtbaren Verhalten überein, dann kommst du auch authentisch an.
Was von dir kann man im Internet beobachten? Google dich dafür am besten einmal selbst (Stichwort: Ego-Surfing). Wir verändern uns praktisch täglich, das digitale Alter Ego gehört entsprechend angepasst.
Ein paar Tipps:
- Entsprechen die Informationen über dich im Internet deiner Persönlichkeit?
- Passen sie zu den Botschaften, die du vermitteln willst?
- Wie sieht deine Körpersprache aus, etwa auf Bildern oder Videos, die von dir im Netz sind?
- Kann man an deinem Blick das ablesen, was du von dir behauptest?
Folgende Fragen können dir für einen authentischen Internet-Auftrittt helfen:
- Was möchte ich zeigen?
- Gefällt mir das, was schon da ist?
- Was können andere daraus schließen?
- Entspricht mir das alles (noch)?
- Bin ich dort, wo ich sein möchte?
- Wo war ich in der Vergangenheit?
- Wo möchte ich hin?
- Schöpfe ich mein Potenzial aus?
Lackaffe oder Mauerblümchen: Wer gewinnt, wer verliert?
Das Internet ist wie eine Image-Broschüre, mit der du auch als Privatpersonen viel Aufmerksamkeit bekommen kannst. Nütze es, um zu „wirken“, um ganz einfach präsent zu sein. Ob du mehr der angeberische Lackaffe oder das bescheidene Mauerblümchen bist, ist komplett egal. Man muss es dir nur abnehmen. Nur so kannst du langfristig glücklich und erfolgreich werden.
Das ist eine DER Herausforderungen der Zukunft: Diejenigen, die sich im Internet so darstellen, wie sie wirklich sind, werden die Gewinner sein. Ob Trump die Selbstdarstellung wirklich so viel besser gelungen ist als seiner Kontrahentin, sei dahingestellt. Am Ende zählt nur das Ergebnis. The winner takes it all. Oder in meinen Worten: Das Ziel ist das Ziel!
Im Radio-Interview beantworte ich noch mehr Fragen zu den Themen Internet-Auftritt, Online-Profiling und Selbstfindung im Internet. Hör rein!